[ Pobierz całość w formacie PDF ]

verstand. Stattdessen würde sie ihre Eltern
für ihren Hochmut um Verzeihung bitten.
Einfach wegzulaufen, war ein unüberlegter,
selbstsüchtiger Akt gewesen und hatte ihr
nur Unglück gebracht.
Auch das Land, für das sie mit aller Kraft
hatte kämpfen wollen, war verloren.
Elena schloss gepeinigt die Augen und
zwang sich, diese bittere Realität hinzuneh-
men  so wie sie ihr eigenes Versagen
278/305
akzeptieren musste. Aber schlussendlich war
es nur Land & Erde, Steine, Bäume. Dinge,
die all das Leid, das sie verursacht hatten,
nicht wert waren. Das musste sie einfach
glauben, um nicht zu verzweifeln.
Wichtig waren die Menschen, und in er-
ster Linie ihr kranker Vater und ihre leidge-
prüfte Mutter. Sie konnte nur hoffen und
beten, dass sie nicht zu spät kam.
10. KAPITEL
Alessandro saß allein in der exklusiven Büro-
etage des Corretti Medien Towers. Sein
Handy klingelte unaufhörlich, was er ebenso
ausdauernd ignorierte.
Genau wie das neu formulierte Angebot,
die geplante Renovierung der Hafengebiete
betreffend, das Giovanni erstellt und ihm
eindringlich ans Herz gelegt hatte. Alles war
perfekt vorformuliert und rechtlich abgesich-
ert. Er müsste es nur unterzeichnen. Um
dann natürlich noch Alessias Vater, den
ebenso korrupten wie zwielichtigen
Wirtschaftsminister, zu überzeugen, die
Genehmigung aufrechtzuerhalten, die Anto-
nioni Battaglia ihm als Mitgift versprochen
hatte, wenn er Alessia heiratete.
280/305
Stattdessen schob er nervös Berge von Ak-
ten auf seinem Schreibtisch herum, ohne
sich Gedanken über ihre Bedeutung oder
Dringlichkeit zu machen.
Der Antrag auf Neugestaltung von Paler-
mos Hafengebiet war für ihn nicht mehr als
eine Art Fehdehandschuh im ewigen Duell
zwischen den einzelnen Familienzweigen.
Jeder war scharf darauf, den Zuschlag zu
bekommen, was nur zur weiteren Entfrem-
dung zwischen ihm und seinen Cousins
führen würde. Und sie zudem alle zwingen
würde, weiterhin auf dem blutigen Pfad zu
wandern, den sein Vater und sein Onkel vor
ihnen beschritten hatten und der sie letztlich
in den Tod geführt hatte.
Abrupt erhob sich Alessandro von dem
schweren, ledernen Chefsessel und tigerte
nervös in dem riesigen Büro herum, dessen
luxuriöse Einrichtung eine sorgfältige In-
szenierung war, um Reichtum, Bedeutung
und die Machtposition seines Besitzers zu
281/305
demonstrieren  beziehungsweise des Na-
mens Corretti.
Vor der breiten Fensterfront blieb er
stehen und starrte grimmig auf Palermos
City hinab. Seine Geburtsstadt präsentierte
sich ihm wie ein atemberaubendes
Kunstwerk im strahlenden Sonnenschein:
heiter und hinreißend schön, gleichzeitig
marode und korrupt. Eine Fülle von Ge-
gensätzen und Widersprüchen, mit den un-
terschiedlichsten Fingerabdrücken, die der
Stadt eine wechselhafte Geschichte hinter-
lassen hatten.
Elendsviertel grenzten an wundervolle
Gärten und Parkanlagen, normannisch und
byzantinisch geprägte Sakralbauten über-
ragten die bunten Straßenmärkte, eleganten
Shoppingmalls und Fragmente ehemaliger
Stadtmauern. Alles stumme Zeugen unter-
schiedlichster Einflussnahmen, von den
Phöniziern bis hin zur allgegenwärtigen
Mafia.
282/305
Es war seine Heimat, und anders als sein
Bruder, hatte er nie den Drang verspürt, sie
verlassen zu wollen. Sizilien war in seinem
Blut, und Palermo der Schlüssel zu allem,
was und wer er war. Ein Corretti, was immer
das zu bedeuten hatte.
Gerade in diesem Moment wusste er es
weniger denn je.
Oft genug war er versucht gewesen, den
Weg seines Vaters einzuschlagen: machthun-
grig und rücksichtslos über Leichen gehend.
Im Fall von Elenas widerwärtigem Exverlob-
ten war der Drang, in Carlo Correttis
Fußstapfen zu treten, fast übermächtig ge-
worden. Doch die Frau, der sein Herz ge-
hörte, verdiente etwas Besseres als einen
Kriminellen zum Ehemann.
Das brachte Alessandro nicht nur dazu,
sich selbst infrage zu stellen, sondern auch
die gesamte Familienstruktur des berühmt
berüchtigten Corretti-Clans. Zu überlegen,
ob der Name tatsächlich ein Fluch war oder
283/305
eine Herausforderung und Option für sie
alle, das Ruder herumzureißen und etwas
Neues, Konstruktives zu kreieren.
Als er an diesem Morgen die Augen
aufgeschlagen hatte, hatte Alessandro sich
entschieden, nicht den leichten Weg zu ge-
hen, den sein Vater eingeschlagen hatte und
der unweigerlich ins Verderben führen
würde. Und jetzt war es an der Zeit, das zu
beweisen. Der Name Corretti sollte nicht
länger als Synonym für die Missetaten derer
stehen, die lange beerdigt waren. Seine Pf-
licht gegenüber der Familie wollte er an den
Lebenden tun, nicht an den Toten.
Entschlossen kehrte er an den Schreibtisch
zurück, schob den vorbereiteten Vertrag zur
Seite und griff nach seinem Handy, um zwei
wichtige Anrufe zu tätigen, die er schon vor
Jahren hätte führen sollen. Einfach um 
wenn schon nicht einen Olivenzweig als
Zeichen der Versöhnung  einen neuen,
frischen Start anzubieten.
284/305
Er, sein Halbbruder Angelo und sein Cous-
in Matteo mussten keine Monster werden,
nur weil ihre Väter sich in dieser Rolle ge-
fallen hatten.
In dem kleinen Bergdorf, hoch über dem
Meer, schlich Elena sich auf leisen Sohlen
aus ihrem Elternhaus. Leise zog sie die Tür
hinter sich ins Schloss, um ihren todkranken
Vater, der seine Ruhe dringend brauchte,
nicht zu stören.
Es war ein grauer, nebelverhangener Mor-
gen. Die feuchte Luft legte sich schwer und
kühl auf ihr Gesicht. Elena zitterte und zog
die Jacke fester um sich, ehe sie den ab- [ Pobierz całość w formacie PDF ]

  • zanotowane.pl
  • doc.pisz.pl
  • pdf.pisz.pl
  • metta16.htw.pl
  •